von Dublin nach Ballymoney
30.5. bis 21.6.2017
Fotos: Alexander Jung und Olga Wernet
ne Radtour in Irland sollte man nur unternehmen wenn man bereit ist zu akzeptieren, dass das Wetter unbeständig und nicht voraussagbar ist mit allen seinen Konsequenzen und dass man täglich schwerste Pedalarbeit erbringen muss. Dafür wird man reichlich entlohnt. Vorausgesetzt man hat gutes Regenzeug und fährt bevorzugt auf Nebenstraßen. Es ist auch hilfreich, die Route nach den Windgegebenheiten zu gestalten, die häufigen Regenschauer umzudeuten als „lovely showers“ (wie die Iren sagen) und jede der zahllosen Steigungen anzugehen mit der Vorstellung, es wäre nun endlich die letzte!
Empfehlenswert ist es ein Zelt mitzunehmen, um genügend Flexibilität bei den Übernachtungen zu haben. Wild Zelten ist in Irland nicht erlaubt, wird aber wohl tolleriert. Es gibt nicht all zu zahlreiche Campingplätze. Man sollte sich bei der Ausarbeitung der Route vorher informieren, ob sie überhaupt geöffnet sind und ob Zelte zugelassen sind. Nichts ist unangenehmer, als nach einem Tag radeln, durch so manchen „lovely shower“ total durchnässt, vor einem Campingplatz zu stehen, der einen abweist, weil er entweder nur ein „Trailer Park“ ist oder weil er in dieser Zeit geschlossen ist. Haben wir leider alles erleben müssen.
Ansonsten gibt es in den größeren Städten wie Dublin auch preiswerte „Hostels“, vorausgesetzt man hat frühzeitig gebucht. Im Landesinneren findet man auch ohne Voranmeldung ein „B&B“. Das Preisniveau von Irland entspricht ungefähr dem unsrigen.
Wer das alles i.O. findet, der kann sich auf eine schöne und anspruchsvolle Fahrradtour durch eine alte Kulturlandschaft freuen, mit abwechslungsreichen Landschaftsbildern in allen Variationen der Farbe „grün“ und dazu gespickt mit alten Kulturdenkmälern, z.T. noch von unseren Altvorderen herstammend. Man wird auch vielem Gewohnten und Vertrauten begegnen. Schließlich ist Irland, wenn auch eine Insel, ein Teil von Europa. Also Exotik ist nicht zu finden, aber oft im Detail andere originelle Lösungen. Und „last but not least“, am „Guinness“ kommt niemand vorbei. Hier hat es seinen angestammten Platz und hier schmeckt es! Vor allem beim Abhängen nach einem anstrengenden Radeltag.
Kulinarisch muss man seine Ansprüche herunterschrauben. Das übliche „fastfood“, bzw. „take away“ wird i.d.R. in altem Frittenöl zubereitet und ist geruchlich von weitem auszumachen. Das trifft häufig selbst auf die beliebten „fish and chips“ zu. Eine bessere Alternative waren die fertigen Salate, die man sich in den Supermärkten selbst zusammenstellen konnte. Da wir nicht vorhatten, in Irland dauerhaft zu bleiben, war das gut zu ertragen. Eine Sache halte ich für besonders erwähnenswert: In vielen kleinen, oft unscheinbaren Cafés auf unserer Tour gab es leckeren, selbst gemachten Kuchen und Torten in großer Auswahl...
Unsere Tour haben wir so gelegt, dass wir von Dublin aus die Insel bis zur Provinz Donegal an der Westküste durchquert haben. Von dort sind wir der Küste mehr oder weniger entlanggefahren, möglichst auf Nebenstraßen, bei denen uns unser GPS im Handy oft eine unersetzliche Hilfe war. Alleine nur auf die Straßenkarte angewiesen zu sein, hätte viel Umherirren zur Folge gehabt. Die Nebenstraßen sind i.A. weder mit den in der Karte ausgewiesenen Straßennummern noch mit Wegweisern versehen. Außerdem kann es sein, dass nicht alle Nebenstraßen in der Karte eingetragen sind, je nach Kartenmaßstab. Wegen der Engmaschigkeit bietet sich aber geradezu das Nebenstraßennetz für die Durchführung von Fahrradtouren an.
Fakten:
- zu empfehlender Radladen Rothar zum Ausleihen der Räder in Dublin.
- Die Gesamtstrecke der Tour betrug ca. 930 km.
- Die Tagesleistung betrug iM 65 km/Tag. Die max. Tagesdistanz betrug ca. 80 km.
- Die durchschnittliche bewältigte Höhe betrug in der Summe ca. 700 Hm/Tg. Dabei mussten an mehreren Tagen bis zu 1000 Hm/Tg überwunden werden. Dies ist durch die hügelige Landschaft bedingt. Hohe Berge gibt es nicht.
- Die Steigungen betrugen auf den schmalen Nebenstraßen i.A. bis zu 10 - 12%, an einigen Stellen sogar bis 16%!
- Gesamte bewältigte Höhe betrug ca. 9850 Hm.
- Nur an 7 Tagen gab es keinen Regen.
- Schäden am Fahrrad: keine
In Donegal durchquerten wir zur Abwechslung die Hochmoore des NP Glenveag, die absolut sehenswert sind. Insbesondere hatten wir ausgerechnet dort starken Rückenwind, der uns regelrecht die Berge hochschob. Weniger Glück hatten wir, als wir in Greencastle die Fähre nach Nordirland nehmen wollten. Der Fährbetrieb war eingestellt wegen Differenzen bei der Konzessionsverlängerung zwischen den beiden Vertragsländern Republik Irland und Nordirland. Wir mussten daraufhin einen 70 km langen Umweg in Kauf nehmen Richtung Nordküste Nordirlands. Dafür sind wir über Londonderry gefahren, einer sehenswerten Stadt mit wunderschönen alten Strukturen. So hatte der erzwungene Umweg auch seine gute Seite gehabt. An der Nordküste Nordirlands sind wir bis zu unserem westlichsten Punkt Ballycastle gefahren, bzw. nach kurzem Aufenthalt nach Ballymoney, um dort den Zug nach Dublin zu nehmen.
Fahrräder können in Irland kostenlos und ohne Voranmeldung im Zug mitgenommen werden.
Nicht unerwähnt möchte ich die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Iren lassen. Auch die Autofahrer haben sich immer rücksichtsvoll uns gegenüber verhalten. Insbesondere in unübersichtlichen Steigungsabschnitten war das eine sehr angenehme Erfahrung. Ein Stück davon habe ich mir vorgenommen mitzunehmen!
In Dublin haben wir 2 Tourenräder mit 21 Gängen, Gepäckträgern und Schutzblechen ausgeliehen. Wegen der Kürze der Zeit und dem ganzen Trödel des Mitnehmens im Flugzeug hätte es sich nicht gelohnt, die eigenen mitzunehmen.
Weitere Fotos und Clips können in der Bildergalerie angeschaut werden.
Alexander Jung