Paddeltour Schären Westschweden


von Stenungsund nach Strömstad, 31.8. bis11.9.2019

(Skagerrak)





Also planten wir vor Ort kurzfristig um: Wir zogen die Route andersherum auf: wir entschieden, im Schutze der Schären von Süden nach Norden zu paddeln und zwar von Stenungsund nach Strömstad, bzw. so weit wir kommen. Wir planten dafür 10 Tage ein.


Der Start gelang dann auch problemlos. Das Auto konnten wir auf dem Campingplatz von Stenungsund stehen lassen. Die Wellenhöhen waren angemessen und der Wind beherrschbar. Die Wolkenkulisse dramatisch, was der Paddeltour bis zum Ende eine besondere Note verlieh.  


Unser erstes Biwak schlugen wir auf auf der Leeseite einer Schäre im Stigfjorden auf. Bereits der erste Sonnenuntergang in den dramatischen Wolkenformationen war ein berauschendes Spektakel. Alleine dafür hatte es sich schon gelohnt hierher zu kommen. Der nächste Morgen kündigte sich an mit riesigen Gewittertürmen (Cumulonimbus), die tief hingen und sich Kilometer hoch bedrohlich aufbauten. Die eine Seite des Himmels war nachtschwarz eingefärbt, aber die flachen Sonnenstrahlen beleuchteten wie Scheinwerfer die darunterliegenden Schären. Zum Glück trieb der Wind die gefährliche Front von uns weg.


Nach dem Aufbruch Richtung Westen mussten wir gegen den Wind ankämpfen. Allerdings war er durch die Schären soweit abgeschwächt, dass wir trotzdem vorwärts kamen. Um weiterhin geschützt vom Wind zu paddeln, unternahmen wir einen Umweg über den Lyre- und den Tångesund nach Mollösund. Ab dort war ein relativ langes, zur Ostsee offenes, Teilstück von ca. 3 km zu queren. Der Westwind blies mit aller Wucht in dieses Schärengebiet, so dass sich hohe schaumgekrönte Wellen bildeten. Der volle Wind würde also auf die Breitseite stehen - quer zur Fahrtrichtung!  


Einen Versuch in dieses Chaos hineinzupaddeln, brachen wir ab: das Risiko über diese Länge gegen den Wind anzukeulen, war mir zu groß. Es bestand außerdem die Gefahr, vom Wind an die Steilküste getrieben zu werden und dort in kabbelige Randgebiete zu gelangen, die uns die Kräfte vorzeitig erschöpfen ließen. Nicht auszudenken wäre der Kenterfall: Hilfe wäre kaum möglich und ein schweres Seekajak bei starkem Seitenwind und in hohen chaotischstruktuierten Wellen zu rollen, müsste mit absoluter Sicherheit gelingen! Wir entschieden, uns auf der Schäre Mollön zu biwakieren. Von unserem „Hausberg“ aus beobachteten wir das Geschehen auf dem zu querenden Abschnitt.




Auch der nächste Tag brachte wenig Veränderung. Der Wind drehte leicht auf Südwest, so dass die Schaumkronen für uns nicht mehr sichtbar waren. Aber der Blick durch das Fernglas zeigte deutlich wie trügerisch die Sicht war und den Ernst der Lage. Wir entschieden uns eine weitere Nacht abzuwettern. Der Wetterbericht für den folgenden Tag war vielversprechender. Abends hatten wir wieder einen dieser großartigen Sonnenuntergänge und früh am Morgen, als wir die Lage von unserem Hausberg neu bewerteten, einen ebenso großartigen Sonnenaufgang!



Wir packten unsere Kajaks und paddelten mit frischen Kräften weiter und und die Querung gelang ohne weitere Probleme. Wir paddelten östlich an Bråtö vorbei und hielten uns weiterhin im Leebereich der vorgelagerten Schären.  Auch scheuten wir uns nicht, den einen oder anderen „Rentnerweg“ zu paddeln wie. z.B. den Lavösund und anschließend durch den Sund östlich von Skaftölandet. Am Ende des Letzteren haben wir wieder ein schönes Biwakplätzchen bezogen.



Das unbeständige Wetter wurde uns ein treuer Begleiter. Regelmäßig bekamen wir die eine oder andere Husche ab. In einer Sache war das Wetter aber bemerkenswert: das Wolkenspiel unterlag laufenden Veränderungen, die wir nicht aus den Augen ließen. Zum Einen, um bei möglichen Gefahren unmittelbar handeln zu können, und zum Anderen, war es ein dramatisches Schauspiel sondergleichen!




Nach Skaftö stand eine Querung Richtung Lysekil bevor. Es herrschte weiterhin ein starker Südwestern. Im Schutze des Ufers paddelten wir bis Blåbergsholmen und von dort über einen ungeschützten ca. 3 km langen Abschnitt bis Stångholmen. Die Querung war ein echter Hexenritt: Starker Wind von achtern und 1,5 bis 2 m hohe Wellen trieben uns, bei höchster Konzentration auf das Paddeln, in Windeseile auf die andere Seite rüber. Der Wind war so stark, dass er mir die einlaminierten Karten aus der Karabinerhalterung riss! Zum Glück hatte Klaus noch einen vollständigen Kartensatz.


Die Paddeltour ging in diesem Stil so weiter. Wo es möglich war, paddelten wir durch geschützte Bereiche, wie die Leeseiten vorgelagerter Schären.  Wo es nicht anders möglich war, mussten wir immer wieder offene Bereiche bei starkem Wind und chaotischen, hohen Wellen durchqueren. Oft waren dabei gefährliche Klippen zu umpaddeln, die nur leicht überspült und erst in nächster Nähe auszumachen waren. Das war nicht ungefährlich.


Nördlich von Kalvön querten wir rüber zum Archipel Koster, einem Nationalpark. Das Archipel Koster ist Schutzraum für Seehunde und Seevögel, und es gibt hier die einzigen Ostseekorallen. Bedingt durch einen tiefen Unterwassergraben hat sich hier ein besonders schützenswertes Ökosystem ausgebildet. Im ganzen Archipel gelten strenge Naturschutzregeln. So ist z.B. Biwakieren nicht erlaubt.


Die Wetterbedingungen hatten sich inzwischen ein bisschen gebessert. Die Querung nach Ramsö verlief glatt. Wir biwakierten in einer lauschigen kleinen Bucht auf Ramsökalven. Am nächsten Paddeltag sahen wir einige flache Schären, die von Seehunden bevölkert waren. Gelegentlich tauchten neben den Kajaks diese scheuen und neugierigen Gesellen auf und beäugten uns.


Wir verließen Nord-Koster über den Kostersundet. Nord-Koster ist besiedelt und touristisch. Es ist eine Art schwedische Visitenkarte: Es gibt für jedermann dort einen Kitsch zu kaufen...wir mussten aber nur unsere Wasservorräte auffrischen. Die letzte Querung von ca. 6 km verlief glatt mit Rückenwind nach Strömstad. Die letzte Nacht verbrachten wir auf einer Schäre in Sichtweite von Strömstad. Am nächsten Morgen booteten wir im Hafen aus und Klaus fuhr mit dem Zug zurück nach Stenungsund, um das Auto zu holen.



Auch diese Paddeltour war wieder ein abenteuerliches Unternehmen und wir waren froh und glücklich, sie ohne Zwischenfälle geschafft zu haben. Selbst das vorherrschende Wetter konnte uns die Laune nicht vermiesen.


Weitere Fotos können in der Fotogalerie angesehen werden.


Alexander Jung



Fakten:


  • Die gepaddelte Gesamtstrecke betrug  ca. 180 km.


  • Die mittlere Tagesstrecke betrug ca. 23 km.

           Die maximale Tagesstrecke betrug ca. 28 km


  • Wetterbericht kann aktuell per SmartPhone über die App Windfinder von einigen Messstellen in den Schären eingeholt werden. Handyempfang gibt es fast überall.



  • Logistik:: öffentlicher Nahverkehr mit Bus oder Zug von/nach Strömstad oder Stenungsund.






Fotos: Alexander Jung und Klaus Zobel




Die Schären Schwedens sind ein besonders beliebtes und landschaftlich einmaliges Paddelrevier. Zuvor hatten wir bereits Paddeltouren in den Schären Südostschwedens von Karlskrona nach Pukavik (10/2016) und Ostschwedens von Nyköbing nach Stockholm (9/2006) durchgeführt.


Es war also nur eine Frage der Gelegenheit auch die Schären Westschwedens zu erpaddeln. Gemäß unserer Tradition wählten wir wieder den Herbst: die Tage sind zwar bereits deutlich kürzer, aber das Wetter spielt noch mit, wenn auch mit der einen oder anderen Überraschung. Jedenfalls ist es für Paddler in dieser Jahreszeit noch möglich - aber auch eine Herausforderung!


Auch dieses Mal mussten wir, mein Paddelfreund Klaus und ich, uns flexibel dem Wetter anpassen: geplant hatten wir die Tour von Norden nach Süden, d.h. von Strömstad  über das Archipel Koster nach Kungälv. Aber bei unserer Ankunft in Schweden herrschten ungünstige Bedingungen: Winde vorherrschend aus Süden und Westen der Stärke 6 bis 7 Bft. und Wellenhöhen von 2 bis 3 m in den offenen Bereichen.


Die Prognosen für die darauf folgenden Tagen zeigten ein ähnliches Muster. Der Blick auf die Karte erübrigte jeden weiteren Kommentar.